Zaren, Fürsten, große Dichter – sie alle liebten das öffentliche Bad. Die Faszination dafür hält bis heute an. Schließlich taucht man in manchen Städten nicht nur in mineralienreiche Wasserbecken, sondern auch in eine ruhmreiche Geschichte ein, auch außerhalb der Kurhäuser.

Wiesbaden: Weltkurstadt mit Hang zum Weltlichen

Wiesbaden: Kurhaus am Abend Wiesbaden: Kurhaus am Abend ©DZT (Francesco Carovillano)

Wohlfühlurlaub wie zu Kaisers Zeiten: Die Kaiser-Friedrich-Therme macht’s möglich. Dank aufwendiger Modernisierung ist das 1913 eröffnete Jugendstilbad bis heute ein Schmuckstück unter den deutschen Badetempeln. In opulenter Kulisse gebadet und gekurt wird in der hessischen Landeshauptstadt aber schon viel länger. Im 19. Jahrhundert erwarb sie sich gar den Titel „Weltkurstadt“ – und den Beinamen „Nizza des Nordens“. Neben Gebäuden in der Innenstadt (unübersehbar dort: die fünftürmige, neugotische Marktkirche) zeugt von den goldenen Zeiten vor allem das Hessische Staatstheater sowie das benachbarte Kurhaus. Außen beeindruckt die mit 129 Metern längste Säulenhalle Europas, innen die edle Spielbank, dahinter der Kurpark (traumhaft: die Magnolienblüte) und davor der Bowling Green. Dort heizen schon mal Superstars in der Liga eines Herbert Grönemeyer oder Plácido Domingo ein. Für Abkühlung sorgt, auch jenseits der Open-Air-Events, ein Kaskadenbrunnen.


Baden-Baden: Ausgezeichnete Spa-Kultur

Baden-Baden: Trinkhalle Gebäude mit Garten Baden-Baden: Trinkhalle Gebäude mit Garten ©Baden-Baden Kur & Tourismus GmbH (Baden-Baden Kur & Tourismus GmbH)

Gemeinsam mit Bad Kissingen und Bad Ems ist Baden-Baden eines der drei deutschen und insgesamt elf europäischen Spas, die 2021 von der UNESCO als „bedeutende Kurstädte Europas“ mit dem Welterbetitel geehrt wurden. Die Bädertradition der am Rand des Schwarzwaldes gelegenen Stadt beruht auf bis zu 2.000 Meter tiefem Thermalwasser. In dem fanden bereits die Römer Linderung bei Gelenkbeschwerden, erst recht dann die (Polit-)Prominenz im 19. Jahrhundert. So flanierten Dostojewski, Zar Nikolaus und Bismarck durch die Parkanlagen zum Kurhaus mit seiner markanten Säulenfront. Dort ist auch eine der ältesten Spielbanken des Landes untergebracht. Immer ein Gewinn stellt ein Stadtbummel durch die Altstadtgassen, zu den prächtigen Villen und auf den Michaelsberg dar. Beim Theater sowie dem zweitgrößten Konzerthaus Europas sollte man es nicht bei einer Außenansicht belassen, sondern tiefer eintauchen. Das gilt erst recht für die warmen Becken im Friedrichsbad und den Caracalla-Thermen.


Bad Schandau: Heilsame Quellen im Elbsandsteingebirge

Schmilka: Altstadt Schmilka: Altstadt ©DZT (Florian Trykowski)

Die Region südöstlich von Dresden steht bei Urlaubern hoch im Kurs. Kein Wunder: An der Elbe, stilvoll befahrbar mit der ältesten und größten Schaufelraddampferflotte der Welt, reiht sich ein Highlight ans nächste: Schloss Pillnitz, Pirna, Basteibrücke, Festung Königstein, bis fast schon an der tschechischen Grenze der staatlich anerkannte Kneippkurort Bad Schandau kommt. Auf kleinem Raum finden sich Top-Kliniken, (Kneipp-) Kureinrichtungen und der Kurpark, an dem die ehrwürdige Kirnitzschtalbahn zum Lichtenhainer Wasserfall abfährt. In der mittelalterlichen Altstadt bietet das Nationalparkzentrum Sächsische Schweiz Einblicke in das nahe Schutzgebiet –Interaktion wird großgeschrieben. So ist man bestens vorbereit, die aufragenden und aufregenden Felsen des Elbsandsteingebirges (Must-See: die Schrammsteine) beim Wandern, Klettern oder Radfahren live zu sehen. Regeneration verspricht die Toskana Therme in Bad Schandau mit ihren Saunen und warmen Bädern.


Aachen: Ganz vorne dabei, nicht nur im Alphabet

Aachen: Carolus Therme Aachen: Carolus Therme ©Carolus Thermen Bad Aachen (Olaf Rohl)

Nach Kelten und Germanen hatten es die „Aquae granni“ den Römern besonders angetan. Mit ihren eindrucksvollen Badeanlagen rund um die heißen Quellen gründeten sie eben auch Deutschlands westlichste Stadt (die nur deswegen auf den Zusatz „Bad“ verzichtet, weil sie so stets in Verzeichnissen an erster Stelle kommt). Karl der Große sorgte dann für einen städtebaulichen Booster, dessen Erbe sich noch heute erkennen lässt. Wochenlang zum Kuren zu Gast, machte er Aachen gar zum Zentrum seines Megareichs. Überhaupt hinterließ Europas badende Prominenz über Jahrhunderte Spuren, von König Friedrich den Großen bis Napoleon. Heute kommen neben Kurgästen auch mit Vorliebe Studierende der Exzellenz-Uni RWTH und Kulturinteressierte. Ganz oben auf ihrer Watch List stehen das historische Rathaus, der klassizistische Elisenbrunnen und vor allem Dom samt Domschatz, die – noch ein Platz eins für Aachen – 1978 als erstes deutsches Kulturdenkmal auf der UNESCO-Welterbeliste landeten.