Städte & Kultur
Bauhaus: auf den Spuren der berühmtesten Kunstschule der Welt
Das 1919 gegründete Staatliche Bauhaus gilt als bedeutendste Schule für Design, Architektur und Kunst im 20. Jahrhundert. Kein Wunder, dass die Wirkungsstätten für Ästheten wahre Pilgerstätten darstellen. Seit einige Städte zum 100-jährigen Jubiläum ihr Bauhaus-Erbe aufgemöbelt haben, erst recht.
Weimar: Wiege der Architektur-Avantgarde
Ausgerechnet in der von Goethe und Schiller geprägten „Klassikstadt“ trat Walter Gropius seinen Siegeszug gegen die klassische Architektur an. Indem er Kunsthochschule und die Kunsthandwerksschule vereinte und die bis dato geläufige Trennung von Kunst und Handwerk aufhob, markierte die Gründung des Staatlichen Bauhaus 1919 nicht weniger als die Revolution des Designs. Einfache, symmetrische Formen, ungewohnte Materialien und kunstvolles Handwerk zeichnen Deutschlands berühmtesten Baustil bis heute aus. Im Weimarer Stadtbild waren die Spuren der „Mitbegründer der Modernen Architektur“ lange Zeit recht überschaubar. Das 100. Jubiläumsjahr sorgte jedoch für mehr Sichtbarkeit. So wurde 2019 das „Musterhaus am Horn“, das wie das Kunstschulgebäude und der Hauptbau der Bauhaus-Universität zum UNESCO-Welterbe „Das Bauhaus und seine Stätten in Weimar, Dessau und Bernau“ zählt, aufwendig restauriert. Ferner eröffnete das Bauhaus-Museum Weimar, in dem die älteste, von Gropius selbst angelegte Sammlung der Werkstattarbeiten untergebracht ist.
Dessau-Roßlau: Weltruhm für Sachsen-Anhalt
Das bis zur Fusion mit Roßlau 2007 eigenständige Dessau ist die Stadt, mit der das Bauhaus am stärksten verbunden wird. Schließlich erlebte die Hochschule dort nach dem Wegzug aus Weimar zwischen 1925 und 1932 ihre Blütezeit. Nirgendwo anders wird das so deutlich wie in Gestalt des Bauhaus-Hauptgebäudes. Der zeitlose Gropius-Bau gilt als Meilenstein der Architektur der Moderne. Quasi ums Eck wartet das ebenfalls zum Welterbe zählende Ensemble der sieben Meisterhäuser. Deren Bewohner-Liste (Oskar Schlemmer, Wassily Kandinsky, Paul Klee) liest sich wie ein „Who’s Who“ der Moderne. Die Liste prominenter Gebäudevertreter ist auch lang und reicht vom Kornhaus, das heutzutage ein Top-Restaurant samt originalgetreu restauriertem Interieur beherbergt, über das Historische Arbeitsamt bis zu den Laubenganghäusern, dem Stahlhaus und der Bauhaussiedlung Törten. Unter dem nagelneuen Dach des 2019 eröffneten und gleich im Folgejahr zum „Museum des Jahres“ gekürten Bauhaus Museums Dessau werden gut 1.000 Exponate gezeigt. Zeit für andere Gedanken? Im Dessau-Wörlitzer Gartenreich, einem europaweit bedeutenden Areal aus mehreren Bauten und englischen Parks, kommen sie leicht …
Berlin und Bernau: Interessante Gebäude, umfangreiches Museum
Dass die Bauhaus-Schule 1932 nach Berlin zog, hatte sie den Repressalien der NSDAP in Dessau zu verdanken. Doch in der Hauptstadt gestaltete sich die politische Situation kaum besser, die mittlerweile von Ludwig Mies van der Rohe privat geführte Institution löste sich bald selbst auf. Den Spirit konnten die Nazis jedoch nicht auslöschen, wie noch heute etliche Gebäude zeigen, etwa die Gropius-Häuser am Zehlendorfer Fischtal oder das Haus Lemke von Mies van der Rohe. Am bedeutendsten ist die ehemalige Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes. Der ebenfalls zum UNESCO Welterbe zählende Komplex von Lehr- und Verwaltungsgebäuden befindet sich jedoch in Bernau, etwas nördlich von Berlin. Dort wiederum wird bis voraussichtlich 2022 das Bauhaus-Archiv umgebaut. Es beinhaltet die weltweit umfangreichste Sammlung zum Thema, von der „Bauhausleuchte“ über den Stahlrohrsessel von Marcel Breuer bis zur „Bauhaus-Tapete“.
Darmstadt: Ah und Oh auf der Mathildenhöhe
Prequels sind bekanntlich Filme, deren Handlung vor den Ereignissen des Hauptfilms spielt und sich, siehe „Star Wars“, mitunter großer Beliebtheit erfreuen. Das gilt auch für die Künstlerkolonie Mathildenhöhe. Die wird nicht nur von Besuchern, sondern auch von der UNESCO Welterbejury geschätzt, und markiert eine Art Vorspann der Bauhaus-Stadttrilogie. Schließlich legten die Kunstschaffenden auf der Mathildenhöhe, das 14 Jahre lang bis zum Ausbruch des 1. Weltkriegs eines der wichtigsten Zentren der modernen Kunst und Architektur in Europa darstellte, den Grundstein für das, was das Bauhaus später perfektionierte. Ihre Kennzeichen waren üppige Jugendstil-Ornamentik neben reduzierten Fassaden, neues Wohnen und bis zur letzten Teetasse durchdesignte Häuser. Der kunstsinnige Geist durchweht auch im 21. Jahrhundert das beinahe quadratförmige Viertel, in dem neben Hochzeitsturm und Russische Kapelle Dutzende Künstlerhäuser sowie ein Museum zu besichtigen sind.