Inspiring Germany
Geheimtipps in Deutschland
Ein Mega-Strand, nostalgische Industriekultur und ein Riesenkrater aus der Urzeit: Biegen Sie mit uns ab in ein Deutschland jenseits ausgetrampelter Pfade. Unsere "Off the beaten Track“-Highlights.
Ein menschenleerer Strand im Hochsommer? Ein sternenklarer Nachthimmel wie in der Wüste? Eine einsame Wanderung durch kühlen Buchenwald? Deutschland bietet weit mehr als Oktoberfest, Schloss Neuschwanstein oder das hippe Berlin. Das Beste ist: Um das andere Deutschland zu finden, braucht es nicht viel. Denn wirklich weit sind die Wege nie.
Europas breitester Strand
Los geht's im Norddeutschen Watt. Im Unesco-geadelten Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer liegt die Insel Amrum. Eine Wattwanderung ist eine spannende Sache, doch dann gibt es noch den „Kniepsand": der breiteste Sandstrand Europas! Selbst im Hochsommer findet sich immer ein einsames Plätzchen fürs eigene Handtuch.
Wikinger und kühler Buchenwald
Ebenfalls in Schleswig-Holstein liegt Schleswig. Die Kleinstadt an der Meeresbucht der Schlei geht ins 9. Jahrhundert zurück. In der Gegend residierten die Wikinger, die ihre Siedlung zu einer gigantischen Festung ausbauten: Haithabu. Selbst viele Deutsche kennen dieses Erbe der Nordmänner kaum – das Gebiet kam erst 1864 unter deutsche Herrschaft. Zwischen dem 8. und 12. Jahrhundert trafen sich Händler aus aller Herren Länder. Oftmals umkämpft, wurde Haithabu schließlich zerstört. Heute lebt die Wikingerzeit in einem Dorf aus rekonstruierten Hütten wieder auf. Haithabu wurde 2018 in die Welterbe-Liste der Unesco aufgenommen.
Unsere Suche nach Geheimtipps führt uns in die Uckermark in Brandenburg, ein Landkreis nördlich von Berlin. Dort erwartet Sie ein mystischer Wald, der Grumsiner Forst. Kaum sonstwo auf der Welt gibt es einen so großen zusammenhängenden Buchenwald. Seit 2011 zählen Teile des Waldes zur Unesco-Weltnaturerbestätte „Buchenurwälder und Alte Buchenwälder“ in Europa. Ein gut 20 Kilometer langer Rundweg führt über einen „Urwaldpfad“ und zu versteckten Seen und Mooren. Im Sommer ist es dort angenehm kühl.
Sternenpark und Freeclimbing
Next stop: Gülpe. Das ist ein Ort im Westhavelland in der Nähe der Elbe. Der Fluss markierte bis 1990 über knapp 100 Kilometer die Grenze zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland, entsprechend bevölkerungsarm ist die Gegend noch heute, perfekt für Sternbeobachtung. Kaum Industrie, Straßenbeleuchtung oder anderes Kunstlicht trübt den Blick in den Nachthimmel rund um Gülpe, das damit der dunkelste Ort Deutschlands ist. Ob Sternschnuppen oder Mondfinsternis – der Himmel lässt sich kaum anderswo besser beobachten als im nahen Sternenpark Westhavelland. Mittlerweile gibt es solche Sternenparks auch in der Rhön, der Eifel und den Chiemgauer Alpen.
Die Alpen sind beeindruckend – aber ein Geheimtipp? Deutschlands Mittelgebirge schon eher. Auch hier lässt es sich in die Einsamkeit wandern. Besonders reizvoll ist das Elbsandsteingebirge in Sachsen mit seinen Tafelbergen, Felsnadeln, Schluchten, Flüssen und Wäldern, nebenbei ein Kletterparadies, das von sich behauptet, hier sei das Freeclimbing erfunden worden. Über 1000 freistehende Sandsteinfelsen dürfen Sie erklimmen. In Kletterschulen von Bad Schandau bis Königstein können Sie Kurse buchen.
Rauchbier und Meteoritenkrater
Dass die Deutschen Hülle und Fülle Bier brauen, ist kein Geheimnis. Aber kennen Sie Rauchbier? Zuhause ist die flüssige Delikatesse, die ein wenig nach Geräuchertem duftet, in Bamberg. Mehrere Brauereien in der oberfränkischen Stadt in Bayern brauen ihr Bier noch nach traditionellem Rezept – weltweit einzigartig. Dabei gab es früher kein anderes Bier als Rauchbier, denn erst im Zuge der Industrialisierung wurde es technisch möglich, rauchfrei zu mälzen. Überhaupt ist die Dichte der Brauereien beeindruckend hoch. Im Umland sind es 60, die rund 400 verschiedene Biere brauen. Sie können Wanderungen von Braustätte zu Braustätte unternehmen und bei Braukursen traditionelle Biere ansetzen.
Zwei Autostunden von Bamberg entfernt Richtung Süden liegt Nördlingen – wo sich ein Stück katastrophaler Erdgeschichte zutrug. Zum Glück ist das lange her. Doch die Geschichte ist allgegenwärtig – allein, weil Nördlingen 150 Meter tiefer liegt, als das umgebende Land. Die Stadt liegt auf einem Kraterboden.
Vor 14,5 Millionen Jahren schlug ein Meteorit mit 70.000 km/h auf die Erde ein und riss einen Krater von 25 Kilometer Durchmesser, das heutige Nördlinger Ries, der am besten erhaltene Krater Europas. Im Geopark Ries werden fast täglich Führungen angeboten. Auch im Ries-Krater-Museum in Nördlingen erfahren Sie mehr zu den irdischen Auswirkungen der kosmischen Begegnung aus der Vorzeit.
Museen und Landschaftspark
Die Museen und Deutschland – das ist auch so ein Spezial-Thema. Denn davon gibt es landesweit rund 6800, ein Fest für Kulturreisende. Eine besonders hohe Museumsdichte besitzt die Museumsinsel in Berlin oder das Frankfurter Museumsufer. Doch unter den vielen Häusern finden sie auch unbekanntere wie das Berliner Computerspiele-Museum, das Deutsche Auswandererhaus Bremerhaven, das die deutsche Migrationsgeschichte anhand von realen Familienschicksalen dokumentiert, oder das Sport- und Olympiamuseum in Köln, das die Bandbreite des Sports von der Antike bis zur Moderne zum Thema hat – triumphale Siege, aber auch bittere Niederlagen.
Ist doch eher Industriekultur Ihr Fall? Auf in den Landschaftspark Duisburg-Nord! Die 180 Hektar große Großstadtoase im Norden der 500.000-Einwohner-Stadt erstreckt sich rund um das stillgelegte Thyssen-Hochofenwerk Duisburg-Meiderich, heute ein geschütztes Industriedenkmal. Von 1901 bis 1985 wurde hier Roheisen für die Stahlindustrie produziert. Bei Führungen zu einem alten Hochofen erfahren Besucher, wie einst malocht wurde.
Das weitläufige Areal mit Gärten, Wiesen und Wasserflächen lässt sich über einen industriegeschichtlichen Rundweg per Leih-Fahrrad oder zu Fuß ergründen. Für den rechten Überblick sorgt Hochofen 5, heute ein Aussichtsturm. Sie wollen noch mehr Höhenluft? In einem früheren Erzlagerbunker wurde ein Klettergarten angelegt, in einer Gießhalle ein Hochseilparcours. Doch lieber absinken? In einem gefluteten Gasometer, Europas größtem künstlichen Tauchsportzentrum, können Sie Maske und Flasche anlegen und eine spannende Unterwasserwelt entdecken – Wracktauchen inklusive: Versenkt wurden neben einem alten Trabant, dem meistverbreiteten Pkw in der einstigen DDR, auch der Rumpf einer Passagiermaschine.
Wer hätte das alles gedacht.